Rezension: Ich gegen Osborne von Joey Goebel

Hallo liebe Lesedetektive,

ich fange an mit einem meiner neu entdeckten Lieblinge...



Lesedetektiv-Ich gegen Osborne

Originaltitel: I against Osborne

Verlag: Diogenes Verlag
Seitenzahl: 512
Erscheinung: 2014

Thalia











Inhalt

Ein ganz normaler Schultag. Doch der schüchterne James hat Stress an seiner Highschool Osborne: Er, der im Anzug seines gerade verstorbenen Vaters in die Schule geht, scheint der einzige verantwortungsbewusste Heranwachsende in einer haltlosen, sexbesessenen Gesellschaft zu sein. Er kann seine Mitschüler nicht ausstehen (was auf Gegenseitigkeit beruht), die cool sein wollen und doch nur gefühllos und vulgär sind und sich gegenseitig drangsalieren. Und nun scheint auch noch seine Angebetete, Chloe, die so tickt wie er, während der Ferien in Florida ihre weibliche Seite entdeckt zu haben – und das nicht zu knapp. Notgedrungen nimmt James den Kampf auf: Ich gegen Osborne! Nicht nur gegen den Direktor, den er mit seinem Wissen um dessen Sex-Eskapade mit einer Schülerin erpresst, sondern gegen die ganze Highschool. Der »Outsider der Outsider« beschließt, die Schule so aufzumischen wie noch nie ein Schüler vor ihm.


Meine Meinung


Gelegentlich habe ich gehört und gelesen, die Cover des Diogenes Verlags seien eintönig und gleich. Dem kann ich mich ganz und gar nicht anschließen. Vielmehr wirken sie alle sehr künstlerisch und Kunst hängt für mich immer mit Selbstausdruck zusammen. Ist das nicht auch Literatur? Eine Form des Selbstausdruckes? Der Minimalismus der Diogenes-Cover beschränkt das Leser-Auge damit auf das Wesentliche und lässt viel mehr Platz für Interpretationen offen! Ein großes Lob für die großartigen Cover an den Diogenes Verlag, der sich selbst treu bleibt!

Wo ich mich aber nun leidenschaftlich über das Cover ausgelassen habe, komme ich mal zum eigentlichen Buch. 
Gesellschaftskritisch ist wohl ein Wort, das den Schwerpunkt dieses Werkes bezeichnet. Aber eigentlich ist "Ich gegen Osborne" so viel mehr als bloß die kritische Auseinandersetzung mit der Gesellschaft. 
Das gesamte Setting der Highschool lässt sich als eine Metapher auf die Gesellschaft verstehen, in der moralische Grundsätze längst nicht mehr so wichtig sind wie früher. Schnelligkeit, Flüchtigkeit und ganz besonders Sexualität spielen eine große Rolle. 
Der Protagonist James Weinbach ist ein sehr ungewohnter Charakter, der seine Umwelt genau beobachtet und sich selbst als vollkommen fremd zwischen seinen Mitmenschen fühlt. Er erscheint als eine Art Überbleibsel der alten Zeit; Moral und guter Umgang sind für ihn das höchste Gut. So erlebt der Leser einen Tag aus der Sicht des "Außenseiters der Außenseiter" an der Highschool in einer Welt, von der er ebenso angewidert ist, wie sie ihm gegenüber feindlich gesinnt scheint. 
Doch wo der Leser zu Anfang nur Sympathien mit James hegen kann, wird über die 512 Seiten langsam klar, dass auch James' Beschreibungen nicht allzu objektiv sind. Dem Leser wird deutlich, dass Goebel die Welt durch zwei Extreme beschreibt: das Extrem der Gesellschaft und das Extrem des Andersartigen.
So beschäftigt sich "Ich gegen Osborne" implizit mit Themen wie Toleranz, Akzeptanz und der Frage, wie man mit dem Wandel der Zeit (und damit der Gesellschaft) umgehen sollte.

Und genau diese Zweigeteiltheit macht diesen Roman zu einem fantastischen Leseerlebnis, das stark in Erinnerung bleibt.


Fazit

"Ich gegen Osborne" äußert Gesellschaftskritik auf sehr ungewöhnliche Art und Weise, indem sowohl direkt Schnelligkeit und Oberflächlichkeit angesprochen werden, als auch stark durch den eigentümlichen Protagonisten auf die Seite der "Ausgestoßenen" kritisch eingegangen wird. Das macht dieses Werk zu einer witzigen, tiefgründigen und damit lang anhaltenden Leseerfahrung.


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5 von 5 Sternen

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