Die Entdeckung des Himmels von Harry Mulisch

Hallo liebe Lesedetektive,

heute führe ich meine Reihe der niederländischen Bücher mit einem Buch fort, das sich wohl wortwörtlich mit Gott und der Welt beschäftigt...

Viel Spaß :)

Lesedetektiv-Die Entdeckung des Himmels
Die Entdeckung des Himmels-
Harry Mulisch

Originaltitel: De ontdekking van de hemel

Verlag: rororo
Seitenzahl: 867
Erscheinung: 1995














Handlung

Eine in dieses umtriebige und abgründige Jahrhundert ausschwärmende Geschichte über eine ungewöhnliche Freundschaft, eine Liebe, die aufmüpfigen sechziger, die pragmatischen siebziger und die windigen achtziger Jahre und den langen Nachhall der Kriegs- und Nachkriegszeit; über ein ungewöhnliches Kind, das einen noch ungewöhnlicheren "Auftrag" hat; einen Astronomen und Don Juan, der nie zur Ruhe kommt, und ein Sprachgenie, das in der Politik Karriere macht.

Meine Meinung

Zwar macht die offizielle Inhaltsangabe dieses Buches definitiv Hunger auf mehr, jedoch lässt sich nicht leugnen, dass man hinterher genauso schlau ist wie vorher. Daher werde ich einmal versuchen, den komplexen Aufbau und Inhalt dieses Werkes zu entwirren, ohne allzu viel zu verraten :)

Zunächst einmal besteht "Die Entdeckung des Himmels" aus genau vier Teilen, die zwar alle natürlich eine zusammenhängende Handlung bilden, aber doch auch ihre ganz eigenen Geschichten erzählen.
Eine Rahmenhandlung bildet dabei den eigentlichen "Kleber", der alles aneinander bindet.
Diese wird von Engeln erzählt, die das gesamte Geschehen des Buches beobachten und sich darüber unterhalten, dass der Vertrag zwischen Himmel und Erde, manifestiert mit den Gesetzestafeln Moses, gelöst werden muss. Die vier Abschnitte im Speziellen und der Rest des Buches im Allgemeinen beschäftigen sich dann mit der Umsetzung des Masterplanes der Engel. 
Von Anfang an wird dem Leser erklärt, dass alles auf einen ausersehenen Jungen hinausläuft, der den Plan durchführen wird, wobei sich die ersten beiden Teile mit dem besonderen Verhältnis zwischen den Eltern des Jungen und dem besten Freund des Vaters beschäftigen. In den letzen beiden Teilen steht der Junge Quinten im Fokus des Geschehens.

Trotz der Gefahr, den Leser in ein Netz aus Verwirrung zu spinnen, schafft es Mulisch mit einem angenehmen lockeren Schreibstil, die Situationen klar darzustellen, sodass der Leser sich nicht überfordert fühlt. 

Eine ganz große Besonderheit stellen in diesem Buch die Charaktere dar. Dabei stehen wohl Max und Onno (besonderes Verhältnis zwischen bestem Freund von Vater und Vater, wobei ich hier bewusst nicht sage, wer der Vater ist) im Vordergrund, obwohl ja auch Quinten ein ganz großer Teil des Buches gewidmet ist.
Max und Onno lernt der Leser bereits auf den ersten Seiten kennen und lieben. Denn obwohl sie beide alles andere als klassisch liebenswert sind, so schafft es doch Mulisch, den beiden so viel Leben einzuhauchen, sie so real, normal und dabei so spleenig und einzigartig erscheinen zu lassen. Und einzigartig ist wohl auch genau der Begriff, der deren Beziehung zueinander am treffendsten beschreibt. 
Zunächst scheinen sie beide komplett verschieden, doch wo sie beide zwar grundlegend verschieden erscheinen, so spürt der Leser regelrecht die Harmonie zwischen ihnen in jedem Dialog, den sie führen, in allem, was sie gemeinsam tun. Ich möchte gar nicht zu viel zu den beiden sagen, da das besondere Verhältnis der beiden schlichtweg nicht zu beschreiben ist ( Ihr seht schon, ich bin ein absoluter Max-Onno-Fan :D)

Leider aber muss ich dazusagen, dass diese beiden der einzige Reiz an dem Buch sind.
Denn die Grundidee hinter dem Roman ist die Vorstellung bzw. Umsetzung von Gott, die in diesem Fall der Autor selbst bildet. So ist Harry Mulisch der Allmächtige und lässt seine Charaktere handeln als wären sie Marionetten und er der Marionettenspieler. Das soll heißen, dass die Handlungen, Gedanken, aber vor allem ihre Motivation für ihre Handlungen aus für den Leser vollkommen irrwitzigen und nicht nachzuvollziehbaren Beweggründen geschehen, sodass vor allem der zweite, nicht-Max-Onno-Teil eine einzige Aneinanderreihung von Handlungsfragmenten ist, die für den Leser keinen bis wenig Zusammenhang miteinander haben. 
So kommt es, dass die Charaktere eindimensional wirken und der Leser nach und nach den Bezug zur Geschichte verliert, die Max und Onno so wunderbar aufgebaut haben. Ich stelle diese beiden ganz bewusst über meinen Kritikpunkt, weil das eben genau bei den beiden nicht der Fall war, weswegen im Nachhinein meine Zuneigung zu ihnen wohl noch mehr gewachsen ist :)

Ebenso störend sind die teilweise über Kapitel andauernden Vorträge über Architektur und Religionen, die für Fachleute wahrscheinlich sehr spannend sind, den Normalleser allerdings nach mehreren Seiten deutlich langweilen. So kommt zu der unzusammenhängenden Handlung zeitweise auch noch ein Langeweile-Faktor hinzu, was das Lesen leider zusätzlich erschwert.

Jedoch sei noch zu dem Buch gesagt, dass viele ernsthafte Themen aus allen Lebensbereichen philosophisch behandelt werden. Zwar stehen sie alle unter der Hand des Allmächtigen, doch regen sie auch den Leser zum Nachdenken an. Viele dieser Themen werden in den Dialogen zwischen Max und Onno behandelt, womit die witzige Untermalung garantiert ist und ich daher meinen Hut vor Harry Mulisch ziehen muss für diese sehr gelungene Umsetzung von schwierigen Themen verpackt in einzigartigen Dialogen :)

Fazit

Nach dieser ungewohnt langen Rezension muss ich zwar leider sagen, dass ich "Die Entdeckung des Himmels" nicht weiterempfehlen kann. Das liegt vor allem daran, dass die Handlung und Charaktere konsequent platt und unvorhersehbar im negativen Sinne sind, womit es schwierig für den Leser ist, nicht den Faden zu verlieren.
Jedoch bilden darin Max und Onno eine ganz gewaltige Ausnahme, indem sie durch ihre Lebendigkeit vollständig im Kontrast zu dem Rest stehen und dabei noch lange im Gedächtnis bleiben. Leider aber reichen auch die nicht aus, um dem gesamten Buch den nötigen Reiz zu verleihen.

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2 von 5 Sternen

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